Sauschlau und nicht wählerisch
Die Hausschweine, die wir halten, sind Paarhufer. Paarhufer deshalb, da nur zwei Zehen stark entwickelt und die übrigen zurückgebildet sind. Im Gegensatz zu Wiederkäuern – also Rindern, Schafen, Ziegen – sind Schweine Monogastrier. Sie besitzen also nur einen Magen und können wie wir Menschen Gras nicht verdauen. Sonderlich wählerisch sind Schweine aber trotzdem nicht, was ihre Ernährung betrifft. Sie gelten – wiederum wie wir Menschen auch – als Allesfresser. Anders, als es vielleicht landläufige Meinung ist, sind Schweine hochintelligente Tiere. Außerdem verfügen sie über einen besonders guten Geruchsinn. Heute kennen wir das klassische Hausschwein als weiß-rosafarbenes, mittelgroßes Tier mit hellen Borsten, teilweise aber auch mit dunklen Färbungen. Je nach Rasse unterscheiden sich Hausschweine in Ihrem Aussehen noch etwas weiter und können 50 Zentimeter bis 2 Meter lang und bis zu 110 Zentimeter hoch werden. Dann bringen sie auch ordentlich etwas auf die Waage. Im Durchschnitt wiegt eine Zuchtsau 220 - 250 kg und ein Mastschwein zum Zeitpunkt der Schlachtung 120 Kilogramm.
Vom Ferkel bis zur Theke
Zuchtsau und Mastschwein? Ja, da müssen wir unterscheiden.
Sauen können im Alter von circa einem Jahr das erste Mal Ferkel werfen und bringen in zwei Würfen pro Jahr je acht bis 14 Ferkel (oder teilweise auch mehr) zur Welt.
Die Ferkel bleiben dann 21 bis 35 Tage zum Säugen bei der Sau und wiegen nach der Säugezeit ca. 8 kg. Nun kommen die abgesetzten Ferkel mit gleichaltrigen in den Ferkelaufzuchtstall. Hier dürfen sie die nächsten 6 bis 8 Wochen bleiben bis sie ein Gewicht von ca. 28 bis 30 kg erreicht haben. Jetzt sind die Schweine stark und groß genug, um in einen Maststall umzuziehen. Im Alter von zehn Monaten – dann sind die Ferkel von 1,5 Kilogramm bei Geburt auf 110 bis 120 Kilogramm gewachsen – haben die Tiere dann ihr Schlachtgewicht erreicht.
Zur Dauer der Trächtigkeit gibt es eine Faustregel: Sie beträgt drei Monate, drei Wochen und drei Tage.
Aus Asien nach Europa
Natürlich haben auch Hausschweine einen wilden Vorfahren. Diesen kennen wir auch gut aus den hessischen Wäldern: Das europäisch-asiatische Wildschwein ist auch heute noch sehr verbreitet. Derzeit werden weltweit rund 800 Millionen Schweine vor allem in China, Europa und Nordamerika gehalten. Davon leben rund eine halbe Million Schweine in Hessen. Mal zum Vergleich: Vor 50 Jahren lebten in Hessen noch ca. 1,3 Millionen Schweine.
Wusstet ihr, dass es weltweit mehr als 700 Rassen gibt?
Eine Frage der Haltung
Wusstest ihr, dass Schweine genauso wie wir Menschen Sonnenbrand bekommen können? Unsere Ställe schützen die Schweine vor direkten Sonnenstrahlen sowie vor zu kalten und zu hohen Temperaturen. Schweine besitzen nur am Rüssel Schweißdrüsen, weshalb sie gar nicht richtig schwitzen können. Zum Glück sind in unseren Ställen Lüftungssysteme installiert, wodurch wir die Stalltemperatur optimal einstellen können. Wir halten unsere Schweine also überwiegend in Ställen. Die Ställe bieten für die Schweine neben dem Schutz vor Witterung auch Schutz vor Krankheiten, die beispielsweise Wildschweine bei Kontakt zu unseren Hausschweinen an sie übertragen können. Natürlich halten einige von uns hessischen Bauern ihre Schweine aber auch in Ställen mit Ausläufen oder auch in Freilandhaltung. In diesem Fall müssen wir neben Abkühlungsmöglichkeiten auch Schattenplätze schaffen. Das Schweine sich scheinbar für ihr Leben gern im Schlamm suhlen, hat einen ganz praktischen Hintergrund: Sie suhlen sich allerdings nicht nur aus Spaß im Schlamm, vielmehr nutzen sie den Schlamm als natürliche Sonnencreme.
Schweinebauern sind Spezialisten
Es ist üblich, dass tragende und säugende Sauen, abgesetzte Ferkel, Mastschweine und Eber getrennt voneinander gehalten werden, weil sie beispielsweise unterschiedliche Anforderungen an Temperatur, Futtermenge und -zusammensetzung haben. Dafür teilen wir unsere Ställe in sogenannte Buchten ein. Die Zusammensetzung der Tiere in einer Gruppe bleibt konstant und liegt in der Regel zwischen zehn und 45 Tieren, noch größere Gruppen gibt es nur sehr selten.
Strohbett und Spielwiese
In der Schweinemast verwenden wir überwiegend strohlose Ställe mit perforierten Böden. Durch die Schlitze im Boden kann sofort Kot und Harn der Tiere ablaufen, dadurch können die Tiere sauber bleiben. Da Schweine aber nicht nur intelligent, sondern auch interessiert und abenteuerfreudig sind, stellen wir für sie verschiedenste Beschäftigungsmaterialien bereit. Schweine spielen gerne mit Seilen, Ketten und Holz. Auch Heu und Stroh regen zum Spielen an. Unsere Schweine durchwühlen und fressen dabei gerne ihre Einstreu.
Wählerische Allesfresser
Wir füttern unsere Schweine bedarfsgerechter als uns selbst. Wie schon erwähnt, sind sie zwar Allesfresser, wir versorgen sie aber je nach Größe, Gewicht und Leistungsbedarf mit speziell abgestimmten Futtermitteln mit Getreide – wie Weizen, Gerste, Mais – sowie Soja, Raps, Mineralien und Aminosäuren. Ihre Futterration bekommen sie von uns drei- bis viermal täglich. Alternativ geben wir unseren Schweinen auch die Möglichkeit nach ihren eigenen Bedürfnissen – quasi auf Knopfdruck – zu fressen, wann immer sie es wollen. Hier hat sich der Begriff ad libitum-Fütterung etabliert. Auch Ferkel erhalten ihr besonders energie- und eiweißreiches Futter ad libitum. Wie auch für uns Menschen gilt: ausreichend viel trinken ist wichtig. Dafür haben wir viele Tränken in unseren Ställen aufgebaut, an denen unsere Schweine rund um die Uhr trinken können. Und das ist nicht wenig! Ein Mastschwein trinkt am Tag 6 bis 10 l Wasser, eine Zuchtsau sogar 15 bis 40 l.
Ein starkes Stück
Das Schwein ist seit jeher eines der wichtigsten Nutztiere zur Erzeugung von Fleischwaren. Schweinefleisch ist in Europa und Ostasien noch vor Rindfleisch die beliebteste Fleischart an der Fleischtheke. Wir unterteilen Schweinefleisch in verschiedene Teilstücke, die sich in ihrer Beschaffenheit voneinander unterscheiden. Ob Kochen, Braten, Schmoren oder die Weiterverarbeitung zu Wurst. Viele Teilstücke sind besonders prädestiniert für eine Art der Zubereitung. Die uns bekannten Fleisch- und Wurstprodukte (Schnitzel, Schinken, Braten, Salami, Lyoner, Fleischkäse und und und) entsprechen also in der Regel immer dem zugehörigen Teilstück bzw. werden aus ihnen hergestellt.
Nord-Süd-Gefälle
In Hessen leben rund eine halbe Million Schweine auf 700 Höfen. Davon sind etwa die Hälfte Mastschweine. Vor allem in Nordhessen konzentrieren wir uns auf die Haltung von Schweinen. Typischerweise dominiert eine Kombination von Acker- und insbesondere Getreidebau und Veredlung in den von Ackerbau betonten Lagen Hessens. So werden z. B. im Schwalm-Eder-Kreis oder in den Ackerbaulagen der Landkreise Waldeck-Frankenberg und Vogelsberg die meisten Schweine Hessens gehalten. Die einzigen größeren Regionalschlachthöfe befinden sich ebenfalls in Nordhessen, außerdem schlachten einige kleinere Betriebe selbst. Eine halbe Million Tiere mag für euch im ersten Moment vielleicht nach sehr vielen klingen, in Hessen halten wir aber gerade einmal knapp 2 % aller deutschen Schweine. Der Pro-Kopf-Verbrauch für Schweinefleisch liegt in Deutschland bei 35 kg im Jahr. Im Mittel essen wir Deutschen also jährlich etwas weniger als ein halbes Schwein in Form von Schnitzel, Schinken, Braten, Wurst und Co. Um die Nachfrage nach Schweinefleisch in Hessen decken zu können, müssen jährlich rund 2,5 Mio. Schweine geschlachtet werden. In Hessen werden jedoch im Jahr nur etwa 750.000 Mastschweine bis zum Schlachtgewicht aufgezogen. Aufgrund der fehlenden Strukturen, erfolgen die Schlachtungen und die Vermarktung zum Teil auch in den Nachbarbundesländern.