Schafe in der Rhön Crop
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Schafe

Der eine zählt sie, der andere versucht sie ins Trockene zu bringen. Viele Redewendungen wie auch die religiöse Symbolik von Schafen und Lämmern machen sie zu ganz bedeutsamen Tieren und lassen auf deren einstige Bedeutung schließen. Schon vor über 10.000 Jahren lieferten Schafe den Menschen fast alles, was sie zur damaligen Zeit brauchten: Fleisch, Milch und Wolle. Bis in die Bronzezeit waren sie das wichtigste Haustier in Europa. Heute sind sie vornehmlich robuste und treue Kulturlandschaftspfleger.

Genügsame Powernapper

Schafe Weide liegend
Bild: khoinguyenfoto, pixabay

Im Allgemeinen sind Schafe nicht nur sehr robust, sondern auch recht anspruchslos, was sie besonders anpassungsfähig in Bezug auf klimatische Bedingungen und das Nahrungsangebot macht.

Schafe sind wie Ziegen, Rinder oder Hirsche grasfressende und wiederkäuende Paarhufer. Als Herdentiere fühlen sie sich in einer Gruppe von 20 bis 100 Tieren am wohlsten. Dass man Schafe gemeinhin als lebende Rasenmäher bezeichnet, ist gar nicht weit hergeholt: Futtergrundlage ist im Sommer die Weide, im Winter hauptsächlich Heu. Das macht sie zu wertvollen Mitarbeitern in der Landschaftspflege, insbesondere in wenig ackerbaulich geprägten Gebieten Hessens oder auf extensiven Grünlandstandorten in den Bergregionen. Da Hessen (leider) nicht am Meer liegt, spielt die Deichpflege, mit der ihr Schafe vielleicht sogar zuerst verbindet, hier weniger eine Rolle.

Während Schafe uns hin und wieder beim Einschlafen helfen mögen, schlafen sie selbst die wenigste Zeit des Tages: Kurze Power-Naps von je einer halben Stunde strukturieren ihre Tage und Nächte. Ganz schön effizient oder?

Noch etwas grundsätzliches: Wir unterscheiden nach Land-, Fleisch- und Milchschafen. Je nach Rasse kann ein ausgewachsenes Schaf dann auch ganz unterschiedlich viel wiegen: Zwischen 75 und 200 Kilogramm bringen sie auf die Waage.

Lieber auf Nummer Sicher

Schafe Stall fressend
Bild: Ehrecke, pixabay

Schafe gibt es sowohl ohne als auch mit Hörnern. Mal sind die Hörner lang und geschwungen, mal kurz, mal kräftig, gebogen oder gar mehrfach gedreht. In erster Linie sollen die Hörner aber nicht elegant wirken, sondern haben vielmehr einen regelrecht militanten Nutzen. Die Schafböcke setzen ihre Hörner in Konkurrenzkämpfen mit anderen Schafböcken ein. Je größer und kräftiger die Hörner, desto höher sind die Chancen, den Kampf zu gewinnen und somit weibliche Schafe zu beeindrucken. In unseren Herden bevorzugen wir hessischen Schäfer aber tendenziell lieber hornlose Schafrassen, da weder wir noch andere Tiere gerne verletzt werden möchten.

Im Wandel der Zeit

Schafherde in der Rhön
Bild: franke 182, Adobe Stock

Schafe gehören zu den ältesten Haustieren in der Geschichte der Menschheit. Vor ca. 10.000 Jahren zähmten unsere Vorfahren die Schafe. Die kurzschwänzigen Hausschafrassen, die wir heute vorzugsweise in Nordwesteuropa finden, entwickelten sich aus dem Mufflon, einer Stammform des Wildschafs. Die ursprünglichen Rassen waren vorwiegend Fleischrassen und besaßen dichtes stacheliges Deckhaar und kurzes feines Vlies. Nach und nach wurde das Haarkleid des Schafes zum Wollvlies gezüchtet. Es wurde im Laufe der Zeit immer dichter und weicher.

Heute leben in Hessen etwa 127.000 Schafe in 1.400 Schafhaltungen. Berufsschäfer sind davon die wenigsten. Mit einem kurzen Blick in die Statistik wird klar, dass sich die Schafhaltung innerhalb der letzten Jahrzehnte massiv verändert hat: Die Schafhaltungen in Hessen haben sich in ihrer Anzahl um den Faktor 30 verringert und die Tiere in Hessen haben sich fast halbiert. Um wirtschaftlich tragfähig zu sein, halten Schäfer heute nicht mehr nur 4 bis 5 Schafe, sondern durchschnittlich 90.

Für den enormen Rückgang der Schafhaltung gibt es natürlich Gründe. Mit der Zeit wurde die früher begehrte Schafwolle zum größten Teil von anderen natürlichen und synthetischen Fasern – Baumwolle oder Polyester – ersetzt. In einem heute globalisierten Textilmarkt können die hessischen Schafhaltungen nicht mehr mit den Big Playern der Schafwollerzeuger aus Neuseeland, Australien, Großbritannien oder Südamerika mithalten. Die Haupterlöse unserer schafhaltenden Betriebe stammen heute aus Aufträgen zur Landschaftspflege und aus der Fleischproduktion.

Zwar schnellt die Nachfrage nach Lammfleisch in Hessen speziell zu Ostern nach oben, doch ist im Gegensatz zu Rind- oder Schweinefleisch der Pro-Kopf-Konsum an Schaf- und Lammfleisch sehr niedrig: Weniger als 700 Gramm verzehren wir Hessen jährlich. Anders im Nahen Osten – speziell in der Türkei oder in Syrien – oder in weiten Teilen Afrikas gelten Schaf-, Hammel- und Lammfleisch als Delikatesse. Den größten Pro-Kopf-Verbrauch weltweit haben Australien und Kasachstan mit jeweils circa 8 bis 9 Kilogramm. Das entspricht etwa der Menge, die jeder Hesse jährlich an Hähnchenfleisch verzehrt. Neben Wolle werden auch Fleisch- und Milchprodukte vornehmlich aus andern Ländern nach Deutschland geliefert; nicht mal die Hälfte des Bedarfs aller Deutschen stammt aus dem eigenen Land.